Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung e.V.
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Rurtalwerkstätten und Lebenshilfe Düren - Die tun was! Starke Partner haben ein Ziel

Günther an seinem Arbeitsplatz in der Schlosserei
Günther Rubel an seinem Arbeitsplatz in der Schlosserei der Rurtalwerkstätten

 Menschen mit geistiger Behinderung in Düren profitieren von der starken gemeinschaftlichen Zusammenarbeit

Düren; Lebenshilfe und Rurtalwerkstätten arbeiten Hand in Hand bei der Organisation von Arbeit und sozialer Betreuung der Menschen. Nur so bekommen diese ein starkes Gefühl des „Gebrauchtwerdens“. Günther Rubel (45) und Ralf Stupp (45) lassen uns Einblick in Ihren Tagesablauf nehmen. Ihre unterschiedlichen Lebensläufe veranschaulichen, wie wichtig beide Komponenten sind, um eine bestmögliche Entwicklung zu gewährleisten, ihr Selbstwertgefühl zu steigern und ihre Selbständigkeit zu fördern.

Donnerstag, 16.15 Uhr: Günther freut sich wieder auf den Besuch seiner Betreuerin Judith Mentgen. Nach einem normalen Arbeitstag ist er erst vor wenigen Minuten mit seinem eigenen Auto nach Hause gekommen. Er ist unabhängig. Judith arbeitet seit 4 Jahren mit Günther zusammen. Beide kennen sich sehr gut und haben ein richtiges Vertrauensverhältnis aufgebaut. Sie gibt ihm viel Kraft und Ruhe und war maßgeblich daran beteiligt, dass sein Selbstbewusstsein in dem Maße zurückgekehrt ist. In dem organisierten Chaos seines Schranks findet Günther zielstrebig genau die Notenblätter der zwei Lieblingslieder, die er jetzt gerne auf der Gitarre vorspielen will: Die Melodien von „Blowing in the Wind“ und „Light my fire“ zupft er auf seiner Konzertgitarre und ist stolz, dass wir sie erkannt haben.

Seit dem Unfall vor 11 Jahren mit den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas und der Beeinträchtigung der Stimmbänder klappt vieles nicht mehr so, wie er es noch aus der Zeit davor kennt. Alles muss neu erlernt werden.

 

 Mittwoch, 17.00 Uhr, Wohnhaus Hämmerchensgässchen. Ralf wartet auf Betreuerin Ingrid von Studnitz. Sie arbeitet erst seit kurzem mit Ralf zusammen. Auf den ersten Blick merkt man ihm eine Behinderung gar nicht an. Freundlich, lebhaft und gesprächig wuselt er in der pic-sauberen offenen Wohnküche herum.

Im Mai 2009 kam Ralf nach Düren zur Lebenshilfe ins betreute Wohnen und arbeitet in den Rurtalwerkstätten in Huchem-Stammeln. Der Anlass für den Umzug aus Bergheim war die Nähe zu seinem Bruder in Merzenich, der ihn regelmäßig abholt.

 Die Betreuer erstellen mit den Klienten den Hilfeplan, der für ein Jahr festlegt, wie viel individuelle Betreuungszeit diese neben der Arbeit in der Werkstatt erhalten. Günther bekommt 3,5 Stunden. Zu wenig, sagt Judith, die bei Günther Bedarf an mehreren Stellen sieht.

Ralf erhält 7,5 Std., in denen sich Betreuer Volker Esser (4 Std.) und Ingrid (3,5 Std.) mit ihm und seinen Bedürfnissen der angeborenen „geistigen Behinderung“ beschäftigen.

Die Betreuerinnen und Betreuer der Lebenshilfe sind eine wichtige Stütze im Leben ihrer Schützlinge. Sie geben Ihnen das Grundvertrauen, auf dessen Basis sich ein besseres Selbstvertrauen aufbaut. In vertrauter Atmosphäre werden so die wichtigen organisatorischen Dinge besprochen und Aktivitäten geplant. In kleinen Schritten lernen sie alltägliche Dinge wie putzen, bügeln und kochen.

6.00 Uhr morgens, Ralfs Wecker klingelt. Er macht sich fertigt, trinkt einen Kaffe und frühstückt gerne ein Brötchen. Mit der Rurtalbahn fährt er zwei Stationen nach Huchem-Stammeln und muss dort noch den ca. 20 Minuten langen Fußweg zur Werkstatt laufen.

 Um 8.15 Uhr beginnt der Arbeitstag in der Schreinerei, wo er sehr glücklich ist, weil er gern mit Holz arbeitet. Die Arbeit mit der Bandsäge sei zwar gefährlich und man müsse schon sehr auf seine Finger aufpassen, aber seine seien alle noch dran und zeigt mit einem schelmischen Augenzwinkern seine Hände hoch. Ralf freut sich immer auf die Arbeit, er müsse eben immer etwas tun, sagt er. Rumsitzen sei nicht sein Ding.
 

Fast zeitgleich um 7.00 Uhr morgens bei Günther. Der Wecker klingelt. Er macht sich in Ruhe fertig. Er ist besonders stolz darauf, dass er in acht Jahren nur ein einziges Mal verschlafen hat und zu spät zur Arbeit gekommen ist. Aber da habe er ja rechtzeitig telefonisch Bescheid gesagt.

8.15 Uhr: Die Arbeit beginnt in der Schlosserei und macht ihm riesig Spass. „Ich liebe die Abwechslung“, sagt der gelernte Textilmechaniker mit begeisterten Augen. „Ich muss alles mögliche machen: bohren, feilen, schrauben. Die täglichen Herausforderungen haben mein Selbstbewusstsein gestärkt“, ergänzt er langsam mit seiner Stimme, die von der Stimmbandlähmung geprägt ist.

Um 15.30 Uhr ist für beide Arbeitsschluss und sie freuen sich auf ihre Freizeit. Mit den Betreuern suchen sie auch regelmäßig verschiedene Freizeitaktivitäten aus oder haben die notwendigen Arzttermine fest im Blick.

Montags freut Ralf sich regelmäßig auf die Sportgruppe, wo sie Gymnastik machen, Fußball oder Basketball spielen. Nachdem er mit dem Linienbus hingefahren ist, wird er vom Lebenshilfe-Bus zurück nach Hause gebracht.

 Günthers Leidenschaft gehört der Musik. Glenn-MiIller-Orchestra bis Rock-Musik gefällt ihm sehr und der Globus, den Judith mitgebracht hat, ist wichtig für seine Fantasie-Fernreisen. Der 1. FC Köln ist Ralfs Lieblingsfußballverein. Und so schaut er viele Spiele zu Hause im TV an. Neben dem TV steht die kleine Musikanlage und im CD-Ständer viele CDs mit deutschen Schlagern, besonders von den „Flippers“. Auch er mag Musik und der Besuch einer großen Diskothek in Eschweiler ist im noch gut in Erinnerung, weil sie dort auch getanzt haben.

Ralf und Günther sind beide den Menschen, die sich um sie kümmern, sehr dankbar. “Wenn ich jetzt meinen Zustand mit dem vor acht Jahren vergleiche, dann war ich damals ein Wrack und habe heute ein neues Leben“, sagt Günther wörtlich, „ich bin sehr dankbar, dass ich das jetzt so erleben kann. Ein schönes Kompliment für Judith.

Und auch Ralf freut sich über alle kleinen Lernschritte zu mehr Selbständigkeit. Er habe im Moment noch zuviel zu lernen, um dem Wunsch nach einer Freundin nachzugehen. Günthers innigster Wunsch ist ein Konzertbesuch bei „Rammstein“ oder „Metallica“ … oder eine Australienreise.

Judith, Volker und Ingrid arbeiten bestimmt engagiert an der Verwirklichung dieser Wünsche mit.

  

(Text: Karsten Runkel)

 

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